Probleme des heutigen Energiesystems      

 

Energiepolitik – ökologische und soziale Probleme

 

 

Energie – das ist das, was uns am Leben hält. Wir atmen den Sauerstoff der Luft, der unsere Muskeln mit Energie speist, wir nehmen Wasser und Nahrung zu uns, die uns dazu befähigen Arbeit zu verrichten, durch die wir wiederum unseren Lebenserhalt bestreiten können.

Wir nahmen Holz und verbrannten es, um der Kälte der Natur zu entkommen – seit der Industriellen Revolution machen wir uns sogar thermodynamische Maschinen zur Stromerzeugung und zum Transport zu Nutze, Errungenschaften unserer Zivilisation und Basis unseres Wohlstandes.

Energie, das ist sozusagen der “nervus rerum” der Nerv aller Dinge, wie Hermann Scherr sagte.[1] Die Energiefrage ist somit von existenzieller Bedeutung für die Menschheit.

Früher war es der Zugang zu Holz, um im Winter nicht zu erfrieren, heute bestimmt der Zugriff auf Öl- und Gasreserven über Wohlstand und Sicherheit. Die Industrienationen sind vom Öl unweigerlich absolut abhängig. Ohne Öl würden die meisten Menschen verhungern, denn kein Bauer könnte seine Felder mit Maschinen bestellen, geschweige denn die Lebensmittel in die nächste Stadt liefern. Öl ist Schmiermittel der Weltwirtschaft. Es hat als Kraftstoff die heutige Form der Globalisierung überhaupt erst möglich gemacht.

Es zeigt sich, dass die Verfügbarkeit von Energie und der ungehinderte Zugang zu dieser also das Schicksal der Gesellschaften des 21. Jhd. bestimmen. Unsere Energiewirtschaft hat unglaubliche Auswirkungen und Einwirkungen auf alle Bereiche des alltäglichen Lebens.. Energiepolitik ist somit zu Recht ein zentraler Bestandteil der öffentlichen Debatte. Die EU rückt “das Thema Energiesicherheit ins Zentrum ihrer Außenpolitik”, hat Kommissarin Benita Ferrero-Waldner verkündet.[2] Energiepolitik heute ist also von internationaler Bedeutung.

Bei der Frage um Energie geht es aber nicht allein um Energiesicherheit, um unsere heutige Form des Wohlstandes zu erhalten und ernsthafte Versorgungskrisen zu verhindern, es geht um weit mehr. So steht die Menschheit derzeit der größten ökologischen Bedrohung überhaupt entgegen: dem Klimawandel. Oder besser gesagt: Klimakatastrophe. Hauptsächliche Ursache dieses Phänomen ist die durch Verbrennung fossiler Energieträger verursachte Freisetzung des Treibhausgases CO2.[3]

 

 

Grafik 1 – CO2-Konzentration

 

Grafik 1 zeigt, wie dramatisch der Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration sich entwickelt. Das führt zu einer durchschnittlichen Erwärmung der Erdoberfläche und stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für das gesamte Ökosystem der Erde dar. Als Beispiele seien das Abschmelzen von Polkappen, häufigere Überschwemmungen und Dürren, das Artensterben, vermehrtes Auftreten von Wirbelstürmen und langfristig Hunger- und Wasserkrisen genannt.[4] [5] Der ehemalige Geschäftsführer von “H2Works”, einem Verein, der die Wasserstoffwirtschaft forciert, meint dazu nur sarkastisch: “Steigt der globale Jahrestemperaturdurchschnitt um mehr als 2,5°C dann werden 30% aller Arten von Lebewesen aussterben. Die Frage ist nur: Ist der Mensch eines davon?”.[6] Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vermutet, ein ungebremster Klimawandel könnte bis zum Jahre 2050 bis zu 200 Billionen US-Dollar volkswirtschaftliche Kosten verursachen.[7] Dagegen kommen einem die „Konjunkturpaketchen“ aufgrund der Finanzkrise und weltweiter Rezession in den Jahren 2008 und 2009 ziemlich winzig vor. Besonders leiden unter dem Klimawandel die Menschen der Entwicklungsländer beispielsweise in Afrika, denn das Ökosystem in ihren Breitengraden ist deutlich anfälliger und instabiler gegenüber Klimaveränderungen.[8] Zudem haben sie eine drastisch schlechtere Infrastruktur als die Industrieländer, so dass sie sich auch weniger gut gegen etwaige Umweltkatastrophen schützen oder wehren können.[9] Unfair, da die Entwicklungsländer eigentlich gar nicht die Schuld für das Problem tragen. Insofern ist das Thema Klimawandel stark mit dem Thema Gerechtigkeit verknüpft. Wenn die Industriestaaten nicht schnell handeln, dann besiegeln sie nicht nur ihr Schicksal, sondern noch stärker das der ärmeren Länder.

Genau genommen haben wir nicht nur ein Klima-, sondern vor allem ein Zeitproblem. So müssten in den nächsten 10-15 Jahren international enorme Anstrengungen unternommen werden, wenn man verhindern wolle, dass sich die Klimaerwärmung nicht über +2°C hinaus fortsetzt. Ansonsten würden bestimmte Kippmechanismen im Klimasystem freigesetzt werden, die den ganzen Prozess verstärken und praktisch unkontrollierbar machten.[10] Will man den Klimawandel also aufhalten, so gilt es, den CO2-Ausstoß massiv zu senken – weltweit. Das geht am besten durch den Einsatz regenerativer Energiequellen.

Von diversen ökologischen Problemen einmal abgesehen: Wäre es nicht auch sinnvoll die Methoden unserer Energiegewinnung zu verändern, wenn wir keinen anthropogenen Treibhauseffekt verursachen würden?

Das Problem der fossilen Ressourcen ist auch ihre räumlich wie zeitlich begrenzte Verfügbarkeit. „Alle wichtigen Mächte – die USA, Europa, Russland und die Aufsteiger China und Indien – geben inzwischen ihrer Ressourcen-Sicherheit politische Priorität Nummer eins.“[11] Es zeichnen sich zunehmend Konflikte um die wertvollen Ressourcen, insbesondere Öl ab, das als wichtigste Ressource mit 40% den Weltprimärenergiebedarf deckt.[12] Dass es im Irakkrieg nicht um vermeintliche Massenvernichtungswaffen, sondern um Öl ging, muss nicht erst gesagt werden.[13] [14] [15] [16] Das sich die ganze Welt aber eigentlich schon auf dem Weg in den Krieg um das letzte „cheap-oil“ befindet, dessen ist sich ein Großteil der Bevölkerung nicht im Klaren. Das 21. Jhd. werde durch einen „Krieg um die Ressourcen“ geprägt.[17] So fördern alle großen Ölkonzerne in Nigeria Öl, das Land, das inzwischen zum sechst größten Ölexporteur aufgestiegen ist. Leider kann die arme Bevölkerung aber nicht von den Petrodollars profitieren, stattdessen werden die Felder der Bauern durch die Ölförderungen verseucht und die korrupte Regierung finanziert sich durch die Öleinnahmen, ohne sich um die eigenen Landsleute zu kümmern. 2,6 Mio. Barrel können in Nigeria am Tag gefördert werden, real kommen davon durch politische Unruhen aber nur 2 Mio. an. Immer wieder werden durch Rebellen Förderanlagen oder Pipelines manipuliert und beschädigt. Die Rebellen wollen die ausländischen Ölkonzerne, welche mit dem afrikanischen Staat kooperieren, vertreiben. Das Land versinkt im Bürgerkrieg, und die USA, die von dem Öl so sehr abhängig ist, versucht, das Öl militärisch zu sichern, in dem sie die afrikanischen Soldaten der Regierung ausbilden.[18]

Nigeria ist kein Einzelfall. Der Ressourcensegen vieler Entwicklungsländer sorgt für innere Konflikte, denn die Ressourcen sind sehr wertvoll. Finanziert werden die Kriege dann durch die Exporteinnahmen. Auch wenn gelegentlich behauptet wird, es läge an ihrer eignen „Dummheit“, dass die afrikanischen Staaten trotz Ressourcenreichtum so arm sind, muss man sich fragen, wer ihnen denn die Ressourcen abkauft und Waffen verkauft! Der (im Moment unmögliche) Verzicht auf fossile Energieressourcen aus aller Herren Länder, wäre demnach aktive Friedenspolitik, denn ohne Geld und Waffen lässt sich kein Krieg führen. Vielleicht sind in manchen Entwicklungsländern erst dann demokratische Reformen möglich.

 

Die Welt sieht sich also mit drei wesentlichen Problemen der Energiefrage konfrontiert: Umweltverträglichkeit, Energiesicherheit und Konflikten um Ressourcen. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis der Krieg um den „letzten Tropfen Öl“ völlig eskaliert. Wir müssen uns entscheiden, ob wir weiter, vereinfacht gesagt, „Blut für Öl” bezahlen wollen – und dann wird uns wohl auch bald der Klimaschutz egal sein.

Es „bedarf nichts Geringerem als einer Energierevolution“[19], schreibt die IEA im World Energy Outlook 2008, um Klimaschutz und Energiesicherheit zu gewährleisten.

Das Konzept einer grünen Wasserstoffwirtschaft, das auf dieser Website dargelegt wird, könnte ein solches Konzept sein. Es stellen sich die Fragen: Welche Probleme birgt das fossile Energiesystem im Detail? Kann eine Grüne Wasserstoffwirtschaft das Energieproblem lösen? Welche Probleme sind mit einem Wechsel verbunden?

 

 

 

 

Probleme fossiler und nuklearer Energieträger

– Endlichkeit und Externalisierung von Kosten

 

Unser heutiges fossil-nukleares Energiesystem speist sich hauptsächlich aus den folgenden Quellen:

 

 

 

Erdöl, in erster Linie Rohstoff der Mobilität, aber auch zum Heizen, ist der Primärenergieträger Nummer eins und unterliegt starken Preisschwankungen. Das geschieht aufgrund von Spekulationen, sowie der steigenden Nachfrage durch Industrie- und Schwellenländer. Der CO2-Ausstoß beträgt bei Benzin 0,232 kg CO2 pro kWh thermische Energie[20] und liegt damit relativ mittig. Die, auf den heutigen Verbrauch bezogene, statische Reichweite wird vom BMWi mit 41 Jahren beziffert.[21] Die Erdölförderung und der Transport, vor allem über See, führen immer wieder zu Kontaminierung und Verseuchung der Umwelt durch Öl. Paradebeispiel steht der Unfall der Exxon Valdez 1989, bei dem 42.000 Tonnen Rohöl ausliefen. Jährlich werden fast 2 Milliarden Tonnen Rohöl und Ölprodukte maritim transportiert, wobei sich des Öfteren weiterhin derartige Katastrophen ereignen.[22]

 

 

Erdgas wird vor allem zur Wärmebereitstellung benutzt. 53% der deutschen Haushalte heizen damit.[23] Die reinen Importkosten für Erdgas betrugen Ende 2006 2,17 Cent/kWh.[24] Bei einem Wirkungsgrad einer Erdgasheizung von 90% betrüge der Preis für Wärme dann 2,41 Cent/kWh. Allerdings ohne Transportkosten, Steuern oder Unternehmensgewinne. Die Stromerzeugungskosten bei Erdgas werden auf 4,2 Cent/kWh beziffert.[25] Bei dem CO2-Ausstoß schneidet Erdgas mit 0,198 kg CO2 / kWh Wärme im Vergleich fossiler Energieträger am besten ab. Das BMWi ermittelte eine statische Reichweite des Erdgases von 60 Jahren.[26]

 

 

 

Kohle wird seit Beginn der Stromversorgung zur Elektrizitätserzeugung eingesetzt. Die Erzeugung einer Kilowattstunde kostet heute 2,9 (Braunkohle) bis 3,3 Cent bei Steinkohle.[27] Das ist im Vergleich sehr günstig. Allerdings muss die Kohle aufwendig aus der Erde geholt werden, dazu ist Untertagebau notwendig, bei dem es zu menschlich verursachten Erdbeben kommen kann.[28]

Wird Kohle im Tagebau (hierzulande Braunkohle) abgebaut, so werden dafür ganze Landstriche verwüstet oder Ackerfläche unwiederbringlich zerstört. Ganze Gemeinden müssen dem Braunkohletagebau weichen. 1,140 kg CO2 / kWh elektrische Energie werden bei der Erzeugung von Strom aus Braunkohle freigesetzt.[29] Das ist bei weitem der höchste Wert im Vergleich, somit trägt die Kohle, die gleichzeitig den größten Teil unserer Stromproduktion deckt, am meisten zur Erderwärmung bei.

Die statische Reichweite der Kohle ist mit 150 Jahren die höchste aller fossilen Energieträger.[30]

Bei jeder Verbrennung entsteht NOx (Stickoxide), das mitverantwortlich für sauren Regen und infolgedessen Waldsterben ist.[31]

 

 

Uran ist der Rohstoff, der zur Kernspaltung eingesetzt wird, um die dabei freiwerdende Energie zu nutzen. Atomstrom ist mit Abstand die strittigste Art, Nutzenergie zu erzeugen. Dabei wird besonders das Sicherheitsproblem diskutiert. Seit dem GAU in Tschernobyl 1986 rückte dieser Aspekt verstärkt in die öffentliche Debatte. Durch den Unfall starben zahlreiche Menschen entweder direkt oder als Folge der nuklearen Strahlung, die durch den GAU freigesetzt wurde. Die genaue Zahl der Todesopfer wird aber von verschiedenen Quellen mit starken Differenzen beziffert (UN-Bericht: 9.000; Greenpeace: > 93.000).[32] [33] Die Wahrscheinlichkeit für einen „Super-GAU“ in der EU beträgt im Zeitraum von 40 Jahren 1:6.[34] Es ist zu beachten, dass dies ein statistischer Wert ist. Der Unfall kann ganz ausbleiben oder morgen passieren und sich in zwei Wochen wiederholen.

Inzwischen wird auch das Risiko eines geplanten Flugzeugabsturzes in ein AKW diskutiert. Bei den angestellten Studien stellte sich heraus, dass kein einziges AKW in Deutschland derzeit wirklich sicher vor einem solchen (terroristischen) Anschlag geschützt ist.[35] Somit ist der Betrieb von AKWs in Deutschland eine theoretische Waffe für Terroristen. Hinzu kommt, dass kein Unfall eines AKW real versichert ist. Die Größe des hypothetischen Schadens ist einfach so groß, dass sich keine Versicherungsgesellschaft findet, die sich engagieren würde. Daher garantiert der Staat für die Folgen eines Unfalles aufzukommen. „Was so eine Garantie wert ist, lässt sich gut am Reaktorunglück in Tschernobyl studieren.“, meint Karl-Heinz Tetzlaff in seinem Buch „Wasserstoff für alle.“[36]

Ein immer noch weltweit ungelöstes Problem ist die sichere Endlagerung von tausende Jahre lang strahlendem, radioaktivem Atommüll, der beim Stromerzeugungsprozess anfällt. Da es beim Atommülltransport in Zwischenlager zu diversen Zwischenfällen kam, dürfen die Betreiber den Müll inzwischen in gewöhnlichen Lagerhallen neben den Reaktoren zwischenlagern. [37] Damit ist man das Problem für die nächsten 40 Jahre los. Dann allerdings muss der Atommüll aus den heutigen Castorbehältern, von denen man nicht einmal weiß, wie man sie wieder öffnen soll, in neue, noch nicht verfügbare, für die Endlagerung (wie auch immer diese aussehen soll) geeignete Behälter, umgefüllt werden. Jeder Frittenbudenbesitzer muss nachweisen, wo er sein Fett entsorgt, bei AKWs reicht es, das Fett nebenan auf die Tresen zu stellen.[38]

Bei der Urangewinnung, die besonders intensiv in Australien stattfindet, sterben jährlich etwa 20.000 Menschen an Krebs.[39] Hinzu kommt, dass in der Nähe von AKWs die Leukämiegefahr für Kinder deutlich höher ist.[40]

CO2 stößt ein AKW zwar nicht aus, aber auch die Aufbereitung, der Transport und der Abbau von Uran verschlingen große Mengen an Energie, so dass die CO2-Bilanz im Ganzen deutlich schlechter ausfällt als bei konventionellen erneuerbaren Energien.[41] Der Energiebedarf um eine sichere Endlagerung zu gewährleisten, von der man noch immer nicht weiß, wie sie überhaupt zu realisieren ist, ist hier noch gar nicht mit einberechnet.

Inzwischen kostet Atomstrom aus abgeschriebenen Kraftwerken 3,5 Cent/kWh in der Erzeugung und ist damit immer noch etwas teurer als der Strom aus konventionellen  (Kohle-)Kraftwerken.[42]

Die statische Reichweite von Uran beträgt etwa 68 Jahre.[43]

 

 

 

Endlichkeit

 

Ein Problem, das alle fossilen Ressourcen gemeinsam haben, ist ihre Endlichkeit.

Die oben angegebenen statischen Reichweiten der Rohstoffe beziehen sich allerdings jeweils auf die gesicherten, wirtschaftlich und heute technisch nutzbaren „Reserven“. Würde man noch die nicht ausreichend ausgewiesenen, ökonomisch heute nicht zu fördernden, aber „aufgrund geologischer Indikatoren“ erwarteten Vorkommen, die „Ressourcen“ mit einbeziehen, so verlängert sich die Reichweite von Öl um 21, von Gas um 74, von Braunkohle um 1028, von Steinkohle um 874 und von Uran um 143 Jahre.[44] Es wird erwartet, dass durch Preissteigerungen auf dem Rohstoffmarkt wegen Knappheit auch diese Ressourcen in Reserven umgewandelt und genutzt werden.

Die Öl- und Gaskonzerne würden gerne eine zweite fossile Ära einläuten, unter Einbeziehung der so genannten „unkonventionellen Ressourcen“. Ölsande, Ölschiefer und Schwerstöl, sowie Gashydrate (in Wasser gefrorenes Methan, vergleichbar mit Erdgas) sollen gefördert werden. Für Öl könnte man damit die Reichweite theoretisch noch mal um 83 Jahre verlängern.[45] Grafik 2 zeigt die Reichweiten im Überblick.

 

 

Grafik 2 – Reichweiten

 

Der Mineralölwirtschaftsverband räumt jedoch ein, dass die Förderung nicht-konventionellen Öls dreimal so teuer ist, wie die des Gewöhnlichen.[46] Außerdem ist mit der Förderung und Aufbereitung großer technischer Aufwand verbunden, aufgrund geologischer Nachteile und schlechter Qualität. Das kostet wiederum Zeit, Geld und auch Energie, so dass die Nettoenergiebilanz schrumpft. Problematisch ist dann neben den Emissionen aus ökologischer Sicht auch der Abbau:

„Unkonventionelles Öl deckt heute gerade fünf Prozent an der gesamten Weltförderung. Will man diesen Anteil auch nur verdoppeln und das Öl z. B. in Kanada abbauen, würde dort Abraummaterial in der Größenordnung von vier bis fünf Cheopspyramiden täglich anfallen – das wären im Jahr 1600 Pyramiden, die man umweltverträglich beseitigen müsste.“ [47]

 

Die Reichweite der Rohstoffe bleibt aber auch sicher nicht konstant, da sie durch steigenden Verbrauch noch einmal stark dezimiert wird.

Entscheidend ist aber gar nicht unbedingt die Frage nach der Reichweite von Öl. Möglicherweise sollte uns eher interessieren, wann wir das Fördermaximum („Oil-Peak“) erreichen, also der Zeitpunkt an dem aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen die Ölproduktion nicht mehr erhöht werden kann. Denn dann werden die Kosten voraussichtlich in die Höhe schießen, auch und gerade mit unkonventionellen Ressourcen.

Die US-Geologiebehörde und die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe prognostiziert, dass das Fördermaximum für konventionelles Erdöl zwischen 2015 und 2020 liegen wird.[48] „Es ist nun einmal so, dass immer weniger neue große Ölvorkommen entdeckt werden. Wir nähern uns unerbitterlich dem Fördermaximum“, so Friedrich-Wilhelm Wellmer, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. [49] Auch laut einer Studie der „Energywatchgroup“ steht der Oil-Peak kurz bevor.[50]

 

 

 

Grafik 3 – Peak-Oil

 

Grafik 3 ist der oben erwähnten Studie entnommen. Wie man sieht öffnet sich spätestens ab 2010 eine immer größer werdende Schere zwischen der erwarteten Förderung und dem nach dem WEO prognostizierten Bedarf. Durch die in dieser Prognose nicht bedachte Wirtschaftskrise und dem folgendem Nachfragerückgang, verschiebt sich das Erreichen der ungedeckten Nachfrage möglicherweise wenige Jahre in die Zukunft.

Die Folgen eines solch großen Nachfrageüberhangs wären eklatant; eine Bedrohung für die Wirtschaft, sowie für die Versorgungssicherheit mit Nahrung und anderen vitalen Dingen.[51]

OPEC-Generalsekretär Ali Rodriguez meint, die Welt sollte sich auf eine mögliche Energiekrise einstellen.[52] Sowohl die Deutsche Bank[53], als auch die amerikanische Investment Bank Goldman Sachs gehen von einem langfristig stark steigenden Ölpreis aus.[54]

Öl ist das Schmiermittel der Weltwirtschaft. Aber das Zeitalter des billigen Öls ist endgültig vorbei.[55] [56] Somit sind die Aussagen über die physische Verknappung des Öls keine fanatischen Spinnereien von Greenpeace oder eine pessimistische Hiobs-Botschaft der Grünen. Es ist brutale Realität und ein „Ölwechsel“ ist dringend erforderlich. Selbst mit unkonventionellen Ressourcen wird man die Krise lediglich verzögern können.

Was die oben erwähnten Methanhydrate angeht, die sich am Meersboden befinden und theoretisch das heutige Erdgas ersetzen könnten, so machen sich selbst die deutschen Topforscher keine allzu großen Hoffnungen auf das reale Potenzial dieser Energiequelle. Es gibt noch gar kein Förderkonzept und die Sicherheitsanforderungen sind, angesichts möglicher explosionsartiger großer Freisetzung von Gas („Blow-Out“), sowie die Gefahr von Tsunamis durch die hypothetische Förderung, mehr als mangelhaft. Zudem ist Methan ein starkes Treibhausgas, so dass jede unkontrollierte Freisetzung zusätzliche Gefahren für das Klima birgt.[57]

 

 

 

Externe Kosten

 

In Deutschland sind wir bei allen fossilen Ressourcen von Importen abhängig. Kohle ist der einzige wirklich heimische Energieträger, der auch zu einem ernstzunehmenden Anteil hier gefördert werden kann. Viele Rohstoffe kommen aus politisch instabilen Regionen, insbesondere das Erdöl. Um eine sichere Energieversorgung gewährleisten zu können, bräuchte man regional und am besten auch dezentrale Strukturen. Das heutige Energiesystem hingegen ist völlig zentralisiert und kennt die Wertschöpfung aus der heimischen Region – außer bei der Kohle und bei der Verarbeitung – praktisch nicht. Damit werden dann externe Kosten exportiert. Von den Tailings in Australien, den Tankerkatastrophen auf dem Meer, den von Öl verseuchten Landflächen in Afrika bekommen wir hier nicht viel zu sehen.

Die Kosten, die der CO2-Ausstoß durch den Klimawandel letztlich verursacht, sind kaum noch zu beziffern.

Laut Wolfgang Gründinger, Autor von „Die Energiefalle“,  betrugen die Kosten der militärischen Absicherung des Erdöls auch schon vor den „Antiterrorkriegen“ etwa 100$/bbl.[58] Die Entsorgung des Atommülls wird die Menschheit durch die lange Halbwertszeit des Materials auch noch entsprechend lange beschäftigen und enorme Kosten verschlingen.

All diese externen Kosten, die unsere Energieerzeugung und Nutzung verursachen, sind nicht im Preis enthalten, den wir für Energie zahlen. Der Markt ist unfähig, sie im Preis zu integrieren. Diese Unfähigkeit muss zum Scheitern des fossilen Energiesystems führen, denn es ist volkswirtschaftlich ein Desaster.

Von realen Kosten einmal abgesehen: menschliche Opfer des fossil-nuklearen Energiesystems sind in Geldwert nicht bezifferbar.

„So sterben z.B. in Deutschland jährlich ca. 65.000 Menschen durch Feinstaub, ca. 15.000 durch Feinstaub von Dieselfahrzeugen. Daran ändern auch Rußfilter nichts, weil sie nur die groben (ungefährlicheren) Partikel herausfiltern können. Krebs, Schlaganfall und Thrombosen sind die häufigsten Todesursachen.“[59]

Über kurz oder lang steuert das fossile Energiesystem somit insgesamt unweigerlich auf sein Ende zu. Wir täten gut daran, diesen Prozess zu beschleunigen, denn ökologisch und gesamtwirtschaftlich gesehen, wäre eine möglichst lange Förderung fossiler Energieträger ein Fiasko für die Menschheit. „Es ist billiger, jetzt alternative Energien zu fördern, als im Jahr 2050 pausenlos Gewitterschäden zu beseitigen.“[60]

Eine echte Grüne Wasserstoffwirtschaft könnte sogar eine Kostenentlastung bedeuten.

 

 

 

 

 


[1] Tetzlaff, Karl-Heinz, Bio - Wasserstoff, 2005, (Books on Demand), S. 27.

[2] Follath, Erich; Jung, Alexander (Hg.), Der neue kalte Krieg – Kampf um die Rohstoffe, München 20061,

Spiegel Buchverlag), S. 12.

[3] Climate Analysis Indicators Tool (CAIT) database; http://cait.wri.org/ (2009).

[4] P. C. D. Milly, R. T. Wetherald, K. a. Dunne, T. L. Delworth, Increasing risk of great floods in a changing climate, in: Nature, S. 514–517, V. 415, http://www.nature.com/nature/journal/v415/n6871/abs/415514a.html (31.1.2002).

[5] Hare, William in: Relationship between increases in global mean temperature and impacts on ecosystems, food production, water and socio-economic systems, http://www.stabilisation2005.com/58_Bill_Hare.pdf, (2005).

[6] Engels, Thomas, Geschäftsführer des Verein “H2Works”, persönliches Gespräch.

[7] Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung unter: http://www.diw.de/deutsch/43450.html  (15.02.2009) S. 4.

[8] Vgl. Gründinger, Wolfgang, Die Energiefalle – Rückblick auf das Erdölzeitalter, München 2006Orginalausgabe, (Verlag C. H. Beck oHG), S. 222.

[9] Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S. 222.

[10] Inhalt der Präsentation eines Germanwatch-Mitarbeiters beim Jugendforum „Heiße Zeiten“ zum Thema Klimawandel des „Eine Welt Netzwerk NRW“, (Dez. 08).

[11] Follath, Erich; Jung, Alexander (Hg.), a. a. O., S. 19.

[12] Verein zur Förderung von Biomasse und nachwachsenden Rohstoffen Freiberg e.V. unter: http://www.biomasse-freiberg.de/html/wissen.html (15.02.2009)

[13] Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.172-180 .

[14] „Vereinigte Staaten: Kampf um Öl statt Krieg gegen Terror“ in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.9.2002.

[15] Forschungspraktikum SoSe 2004, Univ.Prof. Dr. Eva Kreisky, Mag. Saskia Stachowitsch, „Kriege im 21. Jahrhundert“ - Irak Kriegsgründe unter: http://www.evakreisky.at/2004/fop/endberichte/2.1_irak_kriegsgruende.pdf (15.02.2009).

[16] UPI – Umwelt- und Prognose – Institut e.V. unter: http://www.upi-institut.de/irakkrieg.htm (15.02.2009).

[17] Fedorow, Jurij, Russland-Experte des Think Tanks Chatham House in London, z. n. Follath, Erich; Jung, Alexander (Hg.), a. a. O., S. 25.

[18] Dokumentarfilm von 3Sat, verfügbar unter: http://plugingermany.wordpress.com/2008/07/03/die-welt-brennt weltweiter-krieg-um-ol/ (03.07.2008).

[19] Vgl. IEA unter: http://www.worldenergyoutlook.org/docs/weo2008/WEO2008_es_german.pdf, S.5 (2008).

[20] Buchal, Christoph FZJ; DLR; FZK, Energie, Baden-Baden 20082, (Koelblin-Fortuna-Druck GmbH & Co. KG), S. 46.

[21] BMWi, Energie – Reserven und Ressourcen unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/Binaer/Energiedaten/reserven-und-ressourcen1-erdoel-vorraete,property=blob,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.xls  (07.02.2009).

[22] Greenpeace unter: http://www.greenpeace.de/themen/oel/oeltanker/artikel/grosse_tankerkatastrophen_1967_2003/ (07.02.2009).

[23] Statistisches Bundesamt Deutschland unter: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/zdw/2004/PD04__011__p002,templateId=renderPrint.psml (07.02.2009).

[24] Bund der Energieverbraucher, Kostenpreise für Erdgas  unter: http://www.energieverbraucher.de/de/Energiebezug/Erdgas/Preise/Kostenpreise/site__1542/ (07.02.2009).

[25] Buchal, Christoph, a. a. O., S. 98.

[26] BMWi unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/Binaer/Energiedaten/reserven-und-ressourcen2-erdgas-vorraete,property=blob,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.xls (14.03.2009).

[27] Buchal, Christoph, a. a. O., S. 98.

[28] Verivox, „Stärkstes Erdbeben im Saarland nach Kohleabbau ohne schwere Schäden“ unter: http://www.verivox.de/nachrichten/staerkstes-erdbeben-im-saarland-nach-kohleabbau-ohne-schwere-schaeden-8601.aspx (01.03.2009).

[29] Buchal, Christoph, a. a. O., S. 46.

[30] BMWi, Energie – Reserven und Ressourcen unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/Binaer/Energiedaten/reserven-und-ressourcen3-kohle-vorraete,property=blob,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.xls  (07.02.2009).

[31] Bayrischer Rundfunk online, Vor 25 Jahren - Saurer Regen, Waldsterben - vorbei und vergessen?, unter: http://www.br-online.de/bayern2/iq-wissenschaft-und-forschung/iq-feature-waldsterben-ID1214213460164.xml (01.03.2009).

[32] Kriener, Manfred in TAZ unter: http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2006/04/19/a0042 (01.03.2009)

[33] tagesschau.de,  Atomkatastrophe von Tschernobyl, unter: http://www.tagesschau.de/ausland/meldung121894.html (01.03.2009).

[34] Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S. 60.

[35] Aussage eines BMU-Sprechers im Film: Strahlendes Klima, erstellt durch die gleichnamige Initiative, der Film lässt sich unter: www.strahlendesklima.de kostenlos bestellen.

[36] Tetzlaff, Karl-Heinz, Wasserstoff für alle, 2008², (Books on Demand), S.236.

[37] Vgl. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.79.

[38] Vgl. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.79.

[39] Carl Amery, Hermann Scheer, Klimawechsel, München 20011 (Verlag Antje Kunstmann).

[40] Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S. 83.

[41] Dr. Emonts, Bernd, FZJ, IEF-3; in einem Vortrag für eine Schulklasse (01.02.08).

[42] Buchal, Christoph, a. a. O., S. 98.

[43] BMWi unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/energierohstoffbericht,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (07.02.2009).

[44] BMWi unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/energierohstoffbericht,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (08.02.2009).

[45] BMWi unter: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/energierohstoffbericht,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (08.02.2009).

[46] Vgl. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.26.

[47] Global Challenges Network 2003, S.89 und 92, z. n. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.26f. .

[48] Vgl. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.35.

[49] Interview mit Wellmer, Friedrich-Wilhelm, Billiges Öl ist passé, in DIE ZEIT Nr.36/2004, S.13.

[50] Energywatchgroup unter: http://www.energywatchgroup.org/fileadmin/global/pdf/2008-05-21_EWG_Erdoelstudie_D.pdf , S. 46 (08.02.2008).

[51] Susanne Schäfer unter: http://www.peakoil.de/ (08.02.2009).

[52] Vgl. Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.35.

[53] Deutsche Bank Research: Energieperspektiven nach dem Ölzeitalter. Aktuelle Themen Nr. 309 vom 2.12.2004, S.5, S.8f.

[54] Goldman Sachs z. n. Fritz Vorholz: Falsche Feinde in: DIE ZEIT Nr. 43/2004, S. 26.

[55] Vgl. Hermann Scheer unter: http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2006/06/09/a0037 (08.02.2009).

[56] Follath, Erich; Jung, Alexander (Hg.), a. a. O., S. 25.

[57] Buchal, Christoph, a. a. O., S. 117-119.

[58] Gründinger, Wolfgang, a. a. O.,  S.154.

[59] z.n.Tetzlaff, Karl-Heinz, a. a. O., S.92.

[60] Latif, Mojib, in: Welt-Online, unter:                                                                                            http://www.welt.de/print-welt/article400349/Namen_und_Nachrichten.html (08.02.2008).