Zahlen und Daten – Die Energieversorgung Deutschlands mit Wasserstoff      


 

Im Folgenden soll beispielhaft durchgerechnet werden, wie die Energieversorgung mit Wasserstoff in Deutschland aussehen könnte. Dazu wird vom heutigen Energieverbrauch ausgegangen. Als Jahr der Vollversorgung mit Wasserstoff wird 2030 angenommen.

 

Wir haben heute einen Energieverbrauch in Deutschland von ca. 3.540 PJ Nutzenergie in Form von Wärme[1], 1.885 PJ Endenergie in Form von elektrischem Strom[2] und 2.615 PJ Endenergie im Verkehr[3].

Mit Nutzenergie ist hier die Energie gemeint, die im Haushalt effektiv zum Heizen genutzt wird, d. h. die wirkliche Wärmeenergie und nicht mehr die in Gas oder Heizöl gebundene Energie.

Mit Endenergie ist die Energie gemeint, die beim Kunden ankommt, zum Beispiel im Haushalt (elektrischer Strom) oder Benzin bzw. Diesel im Fahrzeugtank (Verkehr).

 

Im Wärmebereich wird von einer Einsparung von 15% in den nächsten 20 Jahren ausgegangen, diese Einsparung wird z. B. durch Wärmedämmungsmaßnahmen möglich.

Wenn in einem Viertel der Haushalte Wärmepumpen mit einer spezifischen Jahresheizzahl von 3 installiert werden, dann können im Wärmebereich weitere 406 PJ eingespart werden.

Durch den Wirkungsgrad einer Brennstoffzellenbrennwertheizung mit einem Gesamtwirkungsgrad (elektrisch und thermisch) auf den Heizwert bezogen von 116%[4], werden für die Bereitstellung der gesamten Wärmeenergie in einer Wasserstoffwirtschaft 2.244 PJ Wärme benötigt. Zwar produziert die Brennstoffzellenheizung Strom und Wärme, wenn jedoch der gesamte Strom und die gesamte Wärme genutzt wird, gibt es keine Verluste und man kann mit dem Gesamtwirkungsgrad von 116% rechnen.

 

Wenn es durch die Kopplung der Strom- und Wärmeproduktion zu einem Ungleichgewicht zwischen Produktion und Nachfrage einer der Energieformen kommt, so kann bei  Stromüberschuss elektrischer Strom nahezu verlustfrei über das Tauchsiederprinzip in Wärme umgewandelt und genutzt werden. Gibt es umgekehrt zu viel  Wärme so kann diese in einem Warmwassertank gespeichert werden. Die Größe des Tankes wäre an die erforderliche Speicherkapazität anzupassen.

Trotzdem ist der Wirkungsgrad von 116% eventuell etwas zu positiv angesetzt, da nicht immer und überall die gesamte Wärmeenergie genutzt werden kann. Benötigt ein bestimmter Industriezweig beispielweise nahezu nur Strom, dann müssen eventuell Wärmeverluste in Kauf genommen werden.  Meist wird es aber noch einen Wärmeverbraucher in der Nähe geben.  So könnte eine Großbäckerei Wärme produzieren und nutzen und der gleichzeitig produzierte Strom könnte zu einer naheliegenden Metallverarbeitung geliefert werden. Falls solche Kooperationen nicht möglich sind, entstehen Wärmeverluste. Da dieser Verlustanteil nicht allzu hoch läge und schwierig abzuschätzen ist, wird in diesem Szenario vereinfacht der etwas idealisierte Fall der vollständigen Wärmenutzung unterstellt.

 

Im Stromsektor wird eine Einsparung von 5% aufgrund effizienterer Elektrogeräte in den nächsten 20 Jahren unterstellt. Dann werden für den Stromsektor noch 1.885 PJ * 0,95 / 1,16 = 1.544 PJ in Form von Wasserstoff benötigt.

 

Im Verkehrssektor wird ein Effizienzfaktor von 3 unterstellt. D. h. es wird von dreimal so effizienten Fahrzeugen ausgegangen. Dies wird durch die Brennstoffzellentechnologie möglich (elektrischer Wirkungsgrad ca. 60%[5]). Verbrennungsmotoren haben heute im realen Straßenverkehr Wirkungsgrade von ca. 20%[6]. Fahren Brennstoffzellenfahrzeuge mit Bremsenergierückgewinnung, dann ist vermutlich sogar ein Effizienzfaktor von 4-5 denkbar.

Im Verkehr werden also noch 2.615 PJ / 3 = 976 PJ benötigt.

 

Falls 50% des Wasserstoffs bei 9% Verlusten (Kompression auf ca. 200 bar in Salzkavernen) gespeichert werden müssen, muss man Speicherverlust von 214 PJ berücksichtigen.

Summa summarum werden für die gesamte Energieversorgung dann 2.444 PJ (H2 für Wärme) + 1.544 (H2 für Strom) + 976 PJ (H2 für den Verkehr) – 214 PJ (Speicherverluste) = 4.979 PJ benötigt.

Dieser Wasserstoff wäre folglich zu produzieren.

 

Laut dem Bundesverband für Erneuerbare Energien können bereits im Jahr 2020 807 PJ regenerativer Strom erzeugt werden (Bioenergieanteil abgezogen). Mithilfe der Elektrolyse werden hieraus bei einem Wirkungsgrad von 80%[7] 646 PJ Wasserstoff.

 

Nach Literaturangaben haben wir ca. 2000 PJ energetisch verwertbar biogene Reststoffe[8]. Über die thermochemische Biomassevergasung kann hieraus Wasserstoff hergestellt werden. Als Wirkungsgrad für die Vergasung wird der Mittelwert zwischen 69% (niedrigster Wert der DLR Studie) und 93% (H2Patent GmbH) angenommen, also 81% (Heizwert). Damit können 1.620 PJ Wasserstoff aus Reststoffen gewonnen werden. Mit 646 PJ und 1.620 PJ stehen bereits 2.266 PJ H2 zur Verfügung. Benötigt werden also noch 4.979 PJ – 2.266 PJ = 2.713 PJ die beispielsweise aus Energiepflanzen hergestellt werden können. Alternativ lässt sich auch der Anteil des regenerativen Stroms erhöhen.

 

Für 2.713 PJ Energiepflanzen werden im Jahr 2030 bei einem Ertrag von 40t/ha mit einem Heizwert von 17,5 GJ/t 4,78 Mio. ha landwirtschaftliche Fläche benötigt.

Nach einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt stehen im Jahr 2030 4,2 Mio. ha landwirtschaftliche Fläche für Energiepflanzen zur Verfügung ohne die Lebensmittelversorgung zu gefährden[9]. Das reicht noch nicht ganz, man müsste in diesem Fall also mehr regenerative Energien zur Stromproduktionen forcieren, wie z. B. Windkraft.

Nach dem Institut für Energetik und Umwelt Leipzig[10] stehen Deutschland bei solidarischer Aufteilung (pro Kopf-Umrechnung) der überschüssigen landwirtschaftlichen Fläche innerhalb der EU-25 knapp 5 Mio. ha zur Verfügung. Nach einer Studie der Universität Hohenheim beträgt diese Fläche sogar 8,38 Mio. ha (EU-25) bzw. 8,49 Mio. ha (EU-27)[11]. Damit hätten wir in Deutschland und Europa mehr Fläche als benötigt werden würde.

 


[1] Bericht m-23/2002 des VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft), aus Karl-Heinz Tetzlaff „Wasserstoff für alle“ (2008), S. 412, Tabelle „Strom und Wärmebedarf“

[2] AG Energiebilanzen, www.ag-energiebilanzen.de (2006).

[3] AG Energiebilanzen, www.ag-energiebilanzen.de (2007).

[4] Karl-Heinz Tetzlaff, „Wasserstoff für alle“ (2008).

[5] Prof. Dr. Waser, Rainer, Grundlagen elektronischer Materialien und Bauelemente Teil 2, Aachen 2009 (RWTH Aachen) und Tetzlaff, Karl    Heinz; Wasserstoff für alle, 2008, S. 77.

[6] Hubert Berger, in pressetext austria, unter: http://www.pte.at/news/071121035/die-zukunft-gehoert-dem-elektroauto/ .

[7] Dr. Tom Smolinka, Wasserstoff aus Elektrolyse – Ein technologischer Vergleich der alkalischen und PEM-Wasser-elektrolyse Fraunhofer , Institut Solare Energiesysteme unter: http://www.wbzu.de/home/070521-smolinka.pdf , S. 24, (24.12.2009).

[8] TA-Datenbank-Nachrichten, Nr. 1, 9. Jahrgang, März 2000 und Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit; WBGU vom 21.03.2003, Seite 62.

[9] BMU Leitstudie 2008 unter: http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/leitstudie2008.pdf .

[10] Berechnungsgrundlage für die Fläche: Nachhaltige Biomassenutzungsstrategien im europäischen Kontext unter: http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/biohandel_endbericht.pdf .

[11] Berechnungsgrundlage für die Fläche:  Angebotspotenziale der Landwirtschaft in Europa zur Sicherung der Nahrungsmittelproduktion und ihr Potenzieller Beitrag zu Erneuerbaren Energien unter: http://ageconsearch.umn.edu/bitstream/7579/1/cp07sc04.pdf .